Worum geht es im Vertrieb? Waren? Preise? Umsatz? Alles richtig, aber ganz grundlegend geht es doch um die Beziehung zwischen zwei Menschen – dem Käufer und dem Verkäufer. Deshalb ist es sinnvoll und logisch, eine Strategie zu verfolgen, die eine vertrauensvolle Beziehung zu Kunden in den Mittelpunkt stellt, statt zu versuchen, so schnell wie möglich einen Kauf über die Bühne zu bringen.
Das ist die Logik des Consultative Selling.
Wie beratender Vertrieb genau funktioniert und welche Vorteile er hat, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Definition: Was ist Consultative Selling (zu Deutsch: beratender Vertrieb)?
Beim Consultative Selling handelt es sich um eine Vertriebsstrategie, in deren Mittelpunkt die Beziehung zum jeweiligen Kunden steht. Vertriebsmitarbeiter sollen sich in erster Linie darauf konzentrieren, das Vertrauen von potenziellen Kunden zu gewinnen, ihre Bedürfnisse und Herausforderungen zu verstehen, und erst dann eine individuelle Lösung entwickeln und verkaufen.
Der Grundgedanke ist, dass eine vertrauensvolle Kundenbeziehung Vertrieblern hilft, Deals zu gewinnen und Kunden zu binden – auch wenn Consultative Selling unter Umständen mehr Zeit in Anspruch nimmt als andere Verkaufsmethoden.
Vorteile von Consultative Selling
Consultative Selling ist eine von diversen Vertriebsmethoden. Was spricht für sie?
Vertriebler, die den beratenden Verkauf praktizieren, müssen gut über ihre potenziellen Kunden informiert sein. Dazu zählen ein Verständnis für unterschiedliche Industrien, Unternehmensgrößen sowie Berufsprofile. Ein solides Grundverständnis für diese Rahmenbedingungen, innerhalb derer der Kunde agiert, ermöglicht es, seinen Bedarf zu erkennen und mit dem passenden Angebot zu beantworten.
Richtig angewandt, führt diese Verkaufsstrategie dazu, dass Gesprächspartner sich besser verstanden fühlen und den Verkaufsprozess positiver wahrnehmen.
Nicht nur erhöht das die Chancen auf einen Abschluss, zudem wird durch die gute Beratung ein Vertrauensverhältnis etabliert, was die Basis für langfristige Kundenbeziehungen schafft. Obwohl Consultative Selling also möglicherweise länger dauert als andere Vertriebsmethoden, zahlt sich die investierte Zeit langfristig aus.
Ein weiterer Vorteil des beratenden Verkaufs besteht darin, dass durch das genaue Kennenlernen des Kunden der Boden für Folgekäufe sowie die Weiterentwicklung des Kunden bereitet wird (Cross- und Upselling). Gerade im SaaS-Bereich ist das Potenzial an dieser Stelle nicht zu unterschätzen.
Tipp: Kundeninformationen, die während des Kontakts gesammelt werden, lassen sich besonders gut in einer Vertriebssoftware abbilden. Das hilft nicht nur beim Erstabschluss, sondern auch bei Folgekäufen.
Consultative Selling vs. Product-based Selling
Der beratende Verkauf ist in vielerlei Hinsicht das Gegenstück zum Produkt-zentrierten Vertrieb, wie diese Gegenüberstellung zeigt:
Produkt-zentrierter Vertrieb | Beratender Vertrieb |
Fokus auf Funktionen | Fokus auf Nutzen |
Preis und Verfügbarkeit ausschlaggebend | Preis ist wichtiger |
Nutzen definiert sich aus dem Produkt | Nutzen definiert sich über den Kunden |
Nutzen auch ohne Vertriebler erkennbar | Vertriebler helfen, Nutzen zu definieren |
Vertriebler verkaufen, indem sie mehr arbeiten | Vertriebler verkaufen, indem sie strategisch agieren |
Beide Ansätze haben ihre Berechtigung. Welcher der richtige ist, ist abhängig vom zu verkaufenden Angebot. Der beratende Vertrieb ist meist bei höherpreisigen Produkten oder Dienstleistungen zielführender. Denn bevor Menschen viel Geld für ein Produkt ausgeben, müssen sie Vertrauen in ein Unternehmen haben. Je mehr Vertrauen ein Vertriebler beim Kunden aufbaut, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein Verkauf zustande kommt. Deshalb ist es in diesem Bereich oft sinnvoll, Lösungen an Interessenten anpassen zu können.
Consultative-Selling-Approach: In vier Schritten zum Verkaufsabschluss
Consultative Selling besagt, dass Vertriebler ihre potenziellen Kundinnen und Kunden und nicht ihre Produkte priorisieren sollen. Aber wie funktioniert das konkret? Hier ist unser Leitfaden in vier Schritten.
Schritt 1: Bauen Sie Vertrauen auf
Damit ein potenzieller Kunde Vertrauen zu Ihnen aufbaut, muss er wissen, dass er sich auf Ihr Wort verlassen kann. Deshalb sollten Sie nicht nur wie ein vertrauensvoller Partner handeln, sondern auch ein solcher sein. Ihre potenziellen Kunden sollten Sie als Experten und weniger als Verkäufer wahrnehmen.
Dafür gilt es drei Punkte zu beachten:
Belegen Sie Ihre Aussagen
Wenn Sie Vertrauen gewinnen und sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen wollen, sollten Sie alles, was Sie gegenüber Ihren Interessenten behaupten, mit Fakten untermauern können. Wenn Sie also von Hunderten zufriedener Kunden sprechen, müssen Sie entsprechende Kundenstimmen vorlegen können.
Um sich als vertrauenswürdige Autorität zu etablieren, sollten Sie Experte auf Ihrem Gebiet werden. Suchen Sie sich eine Nische, die zu Ihren idealen Kunden und deren Bedürfnissen passt. Dabei helfen Ihnen diese Fragen:
Gibt es in der Branche eine Lücke, die gefüllt werden muss?
Was ist der größte Pain Point oder die größte Herausforderung der Kunden?
Welche Ihrer Kompetenzen können Ihren Kunden von Nutzen sein?
Welche Probleme und Pain Points hatten Ihre früheren Kunden und wie haben Sie diese gelöst?
Stellen Sie sich Kritik
Es spielt keine Rolle, wie großartig Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung ist – früher oder später werden Sie Kritik erfahren. Nutzen Sie das als Chance zur Verbesserung.
Wenn Sie Vertrauen erwecken wollen, ist entscheidend, wie Sie mit dieser Kritik umgehen. Anstatt sich davor zu verstecken, sollten Sie souverän und freundlich auf kritische Kommentare reagieren. Ihr Anliegen sollte sein, Ihrer (potenziellen) Kundschaft zu zeigen, dass Ihnen die Meinungen aller wichtig sind und dass Sie auf jeden einzelnen Kunden eingehen.
Nicht jede Kritik ist gerechtfertigt und nicht jeder Kritiker kann besänftigt werden. Aber wenn Sie Ihren Kundinnen und Kunden zeigen, dass Sie ihre Meinung ernst nehmen, wird das Ihre Autorität erheblich stärken.
Bieten Sie echten Mehrwert
Vertrauen schaffen Sie auch, indem Sie Ihrem Publikum wertvolle Inhalte in Form von Blogbeiträgen, Infografiken, Fallstudien, E-Books oder Webinaren liefern. Hochwertige kostenlose Inhalte sind eine der besten Möglichkeiten, die Aufmerksamkeit potenzieller Kunden zu gewinnen und sie durch gut aufbereitete Informationen (beispielsweise in Form eines Content Hubs) vom Nutzen Ihres Produkts zu überzeugen.
Welche Inhalte Sie veröffentlichen, hängt letztlich von Ihrer Branche und Ihren Zielen ab. Achten sollten Sie darauf, dass Ihre Inhalte leicht verständlich sind und sich einfach mit weiteren Personen teilen lassen.
Schritt 2: Recherchieren Sie Ihre Zielkunden
Der nächste Schritt für erfolgreiches Consultative Selling ist eine gründliche Interessenten-Recherche. Das Ziel ist, so viele Informationen wie möglich über Ihre potenziellen Kunden herauszufinden und diese Erkenntnisse in Ihrem Sales Dashboard zu hinterlegen.
Dieser Schritt kann entscheiden, ob Sie den neuen Kunden gewinnen. Wenn Sie keine Nachforschungen anstellen oder diese nur unzureichend festhalten, hat Ihr potenzieller Kunde möglicherweise das Gefühl, dass Sie seine Bedürfnisse nicht verstehen.
Um das zu vermeiden, sollten Sie die wichtigsten Informationen über Ihren potenziellen Kunden herausfinden. Dazu gehören:
die Größe des Unternehmens
die Anzahl der Mitarbeitenden
die durchschnittliche Verkaufsgröße oder der Jahresumsatz
typische Produkte oder Dienstleistungen
der Zielmarkt des Unternehmens
Suchen Sie nach Informationen, die Aufschluss über die Probleme geben, mit denen Ihr potenzieller Kunde in seiner Funktion und seinem Unternehmen konfrontiert ist. Recherchieren Sie Nachrichten oder aktuelle Veröffentlichungen, in denen das Unternehmen erwähnt wird, und verschaffen Sie sich so ein umfassendes Bild von der aktuellen Situation Ihres Kunden.
Die meisten Verkäufer werden sich diese Mühe nicht machen. Wenn Sie sich also zehn bis 30 Minuten Zeit für die Recherche nehmen, haben Sie sich bereits einen deutlichen Vorsprung erarbeitet.
Schritt 3: Kontaktaufnahme mit dem Interessenten
Jeder Kunde ist anders. Deshalb ist es wichtig, im Gespräch mit einem potenziellen Kunden die richtigen Fragen zum richtigen Zeitpunkt zu stellen (und währenddessen eine passende Lösung zu finden). Bevor Sie den Preis oder viele Details Ihres Produkts nennen, sollten Sie sich zunächst auf die Lösung des Problems Ihres Kunden konzentrieren.
Aktives Zuhören ist hier der Schlüssel, denn bei Gesprächen mit ihren Interessenten sollten diese stets das Gefühl haben, gehört zu werden, um sich nicht unwohl zu fühlen. Folgen Sie hingegen strikt Ihrem Skript, ohne das Gehörte mit einzubeziehen, sinken Ihre Chancen auf einen Geschäftsabschluss rapide.
Stellen Sie in einem Gespräch mit einem potenziellen Kunden immer viele Fragen. Beim Consultative Selling ist es entscheidend, die Bedürfnisse des Kunden zu verstehen. Nur wenn Sie die richtigen Fragen stellen, bekommen Sie einen Eindruck davon, wie Sie seine Probleme lösen können.
Bevor Sie zum Hörer greifen oder sich mit einem potenziellen Kunden treffen, sollten Sie eine Liste mit allgemeinen Fragen vorbereiten, mit denen Sie das Gespräch beginnen und auf die Sie bei Bedarf zurückgreifen können. Gleichzeitig müssen Sie aber bereit sein, spontan zu reagieren und Fragen zu stellen, die auf die Antwort des Interessenten zugeschnitten sind.
Beginnen Sie mit den Grundlagen:
Ist Ihr Interessent mit seinem aktuellen Anbieter zufrieden?
Was ist derzeit die größte Herausforderung in seinem Unternehmen?
Hat er Interesse, mehr über Ihr Produkt zu erfahren?
Besteht echter Bedarf für Ihr Produkt?
Liegt Ihr Produkt in seiner Preisklasse?
Wenn Sie Ihren Interessenten zum Beispiel fragen, was seine größte Herausforderung ist und er antwortet mit etwas, das nicht durch Ihr Produkt gelöst werden kann, ist das in Ordnung. Nutzen Sie diese Frage, um mehr über das Unternehmen zu erfahren, und sehen Sie die Situation als Chance, sich mit Ihrem Interessenten auszutauschen. Schenken Sie ihm ein offenes Ohr. Falls Ihr Produkt eine Lösung für das Problem darstellt, nutzen Sie die Gelegenheit, um dies subtil hervorzuheben.
Im fortgeschrittenen Gespräch können Sie Ihren Interessenten nach seinen Zielen fragen, also was er mit Ihrem Produkt erreichen möchte. Dann können Sie die Unterhaltung in die nächste Phase bringen, nämlich die Entwicklung einer maßgeschneiderten Lösung.
Schritt 4: Entwickeln Sie eine maßgeschneiderte Lösung
Der letzte Schritt einer beratenden Verkaufstechnik besteht darin, Ihrem Interessenten eine maßgeschneiderte Lösung für sein Problem zu bieten. Eine Lösung, die genau auf seine Situation zugeschnitten ist.
Die Entwicklung eines maßgeschneiderten Angebots ist ein dreiteiliger Prozess.
1. Verstehen Sie die Bedürfnisse Ihres potenziellen Kunden
Nehmen wir an, Sie versuchen, einen Marketingvertrag mit einem potenziellen Kunden abzuschließen. Wenn dieser wiederholt erwähnt, dass sein Marketingleiter die Conversion Rate auf seiner Website erhöhen möchte, sollten Sie sich auf eben diese Herausforderung konzentrieren.
Richten Sie Ihren Pitch also darauf aus, wie Sie Ihrem Kunden helfen können, die Conversion Rate zu steigern. So erkennt er, dass ihr Angebot wertvoll für ihn ist.
2. Aktivieren Sie den Kunden emotional
Interessenten treffen Kaufentscheidungen selten allein auf Grundlage von Fakten. Es ist viel wahrscheinlicher, dass sie ein Produkt auch aufgrund von Emotionen (wie beispielsweise empfundenes Vertrauen) kaufen, selbst im B2B-Bereich.
Wenn es Ihnen also gelingt, Ihr Produkt so zu positionieren, dass es dem Kunden einen Nutzen bietet und außerdem die Emotionen hinter seiner Kaufentscheidung anspricht, macht es das für den Interessenten doppelt so wertvoll.
Kehren wir zur Illustration dieses Punkts zu unserem Beispiel-Kunden mit dem Marketingvertrag zurück: Er möchte zwar in erster Linie den Umsatz steigern, aber er möchte auch, dass sein Chef ihn nicht länger mit dem Thema behelligt. Sprechen Sie also mit ihm darüber, wie Ihre Lösung für sein Problem schnell Abhilfe schaffen wird und malen Sie ihm seine Zukunft mit dem Produkt aus.
3. Führen Sie Ihr Produkt vor und zeigen Sie seinen Nutzen
Beim Abschluss eines Verkaufsgesprächs sollten Sie nicht eine Liste von Produkt- oder Dienstleistungsmerkmalen herunterspulen und dann Daumen drücken, dass Ihr potenzieller Kunde sich dafür entscheidet. Es ist wichtig, ihm auch die Möglichkeit geben, Ihre Lösung selbst zu erleben und sich daraufhin für sie zu entscheiden.
Um beispielsweise einen Interessenten zu überzeugen, der vor seinem Marketingleiter gut dastehen will, sollten Sie ihm nicht nur Funktionen erklären, sondern ihm auch relevante Ergebnisse zeigen.
Verwenden Sie eine Fallstudie, in der ähnliche Probleme gelöst werden konnten, wie zum Beispiel die Steigerung der Konversionsrate und des Website-Traffics. Präsentieren Sie Ihre Beweise in Form von Screenshots oder Analysediagrammen, um zu zeigen, dass Sie das Problem des potenziellen Kunden lösen können.
Wenn Sie im Vorfeld während des Verkaufsprozesses Ihre Hausaufgaben machen, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sich Ihr Interessent für Ihre Lösung entscheidet.
Fazit: Consultative Selling ist aufwendig, aber lohnenswert
Die Vertriebstechnik des Consultative Sellings ist vergleichsweise zeitintensiv. Sie erfordert ausführliche Recherche, aktives Zuhören, geschickte Fragetechniken und bedürfnisorientierte Lösungsentwicklung. Doch sie zeigt sich dafür als besonders effektiv. Denn sie führt nicht nur häufig zum Verkauf, sondern auch zu dauerhaften und vertrauensvollen Kundenbeziehungen.