Je hektischer Ihr Arbeitsumfeld ist, desto weniger Zeit haben Sie, innezuhalten und nachzudenken. Dennoch ist es wichtig, ja sogar unverzichtbar, regelmäßig eine Bestandsaufnahme der gezeigten Leistungen vorzunehmen. Ein gut geplantes Jahresgespräch eignet sich hervorragend dafür, das alte Jahr produktiv zu beenden und das neue Jahr einzuleiten.
In diesem Artikel führen wir durch das Gespräch und geben 8 Tipps, um die im Gespräch gewonnenen Erkenntnisse auf das neue Jahr anzuwenden.
Jahresgespräch im Vertrieb: Was ist das?
Beim Jahresabschlussgespräch geht es darum, die letzten 12 Monate individueller Vertriebler, aber auch die Gesamtleistung des Vertriebs auf Ergebnisse und neue Erkenntnisse hin zu prüfen und zu beurteilen. Die Erkenntnisse aus den Gesprächen können in einen Aktionsplan für das kommende Vertriebsjahr einfließen.
1. Das Jahresgespräch als positives Erlebnis
Damit eine Leistungsbeurteilung von Nutzen ist, muss sie über die reine Bewertung der Performance anhand der wichtigsten Kennzahlen und Verkaufsziele hinausgehen. Alle an der Mitarbeiterbeurteilung Beteiligten sollten beispielsweise darauf vorbereitet sein, Fehler, Unzulänglichkeiten und Versäumnisse einzugestehen, und zwar sowohl auf individueller als auch auf Unternehmensebene. Schuldzuweisungen und ineffektives Gezänk bringen Sie jedenfalls nicht weiter. Deshalb ist es wichtig, dass Sie die Leistungsbewertung als positives Erlebnis gestalten.
Einige bewährte Grundregeln sollten Sie beachten:
Achten Sie auf das Setting. Ein Jahresabschlussgespräch sollte eher weiträumig terminiert werden und nie zwischen Tür und Angel stattfinden. Ein dafür vorbereitetes, ruhiges Besprechungszimmer oder Büro schafft eine positive Gesprächsatmosphäre.
In dem Gespräch geht es um das Lernen, nicht um Schuldzuweisungen. Ein positiver Anfang sorgt in der Regel dafür, dass Ihr Gesprächspartner sich entspannt und leichter öffnen kann – auch für schwierigere Gesprächsinhalte.
Sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft der gemeinsamen Zusammenarbeit sind von den Ergebnissen des Gesprächs betroffen. Seien Sie sich dieser Tatsache bewusst und agieren Sie sachlich und fair.
Legen Sie Wert auf Vertraulichkeit. In dem Gespräch – ob unter vier Augen oder nicht – sollte es möglich sein, dass jedes beteiligte Teammitglied seine Meinung äußern kann, ohne dass es zu negativen Konsequenzen kommt. Dafür ist Fingerspitzengefühl gefragt.
Beim Jahresabschlussgespräch geht es nicht unbedingt nur um die Selbsteinschätzung. Strukturierte Rückblicke sind auch eine Teamübung zur Verbesserung der Teamarbeit.
Eine gut durchdachte Leistungsbeurteilung der Mitarbeitenden führt nicht nur zu kontinuierlichen Verbesserungen, sondern fördert auch das Vertrauen und den Zusammenhalt im Sales-Team. Das verbesserte Klima kann zu einer besseren Gesamtleistung und einer gesteigerten Arbeitsqualität führen.
2. Besprechen Sie, was gut gelaufen ist
Vertriebserfolge sind nicht nur Grund zum Lob. Nutzen Sie sie als Präzedenzfälle für künftige Maßnahmen. Beginnen Sie also die Bewertung der Vertriebsleistung damit, dass Sie besprechen und dokumentieren, was im letzten Jahr gut gelaufen ist. „Womit waren Sie besonders erfolgreich?", sagt Aaron Ross, Autor von Predictable Revenue. „Was haben Sie erreicht? Womit hat das Team Erfolge erzielt? Und womit das Unternehmen?"
Ermutigen Sie die Gesprächsteilnehmer, über Allgemeinplätze hinauszudenken und konkrete Einzelheiten zu benennen. Anstatt sich mit Aussagen wie „Ich habe meine Verkaufsquoten erreicht" , „Ich hatte viel Unterstützung vom Sales-Manager" oder „Ich habe ein ertragreiches Geschäft abgeschlossen" zufrieden zu geben, sollten Sie Ihr Team dazu anleiten, Details zu nennen. Folgende, beispielhafte Bereiche könnten in die Leistungsbeurteilung als Erfolge einfließen:
„Viele meiner Kunden haben mehrere Käufe getätigt"
„Ich habe alle wichtigen Aktivitätsziele erreicht"
„Ich habe die Anzahl der von mir initiierten Gespräche pro Tag erhöht"
„Ich habe meine durchschnittliche Gesprächszeit um zwei Minuten verkürzt"
„Ich habe aufgehört, vorzeitig Rabatte zu gewähren und trotzdem meine Abschlussquote erreicht"
Denken Sie auch daran, dass es Erfolge außerhalb des eigentlichen Vertriebsprozesses gibt. Hat Ihr Sales-Team beispielsweise gut mit dem Management zusammengearbeitet? Haben die Sales-Mitarbeiter als geschlossene Einheit gearbeitet? Und haben sie ihr CRM gemeistert?
Aber nicht nur die Vertriebler sind gefragt. Haben Sie selbst an Ihren Führungsqualitäten gearbeitet, etwa durch die Teilnahme an einem Weiterbildungskurs? Oder haben Sie möglicherweise ein Mentorenprogramm von Vertriebsleitern für Mitarbeitende gestartet, um die Leistungen im laufenden Geschäftsjahr zu verbessern? Gibt es einen regelmäßigen Austausch auf der Leitungsebene?
3. Besprechen Sie, was schlecht gelaufen ist
Diesen Teil des Gesprächs brauchen Sie nicht zu beschönigen. Dinge gehen schief, Menschen treffen schlechte Entscheidungen, Vertriebler verfehlen ihre Ziele. Aus Fehlern zu lernen ist das, was zählt. Legen Sie also Wert darauf, dass auch Misserfolge analysiert, geteilt und festgehalten werden. Damit das Vertrauen nicht leidet, betonen Sie nachdrücklich, dass es dabei nicht um Schuldzuschreibungen geht, sondern ausschließlich um die Vermeidung von Fehlern.
Auch hier gilt: Genauigkeit ist der Schlüssel. „Ich habe nicht so viele Geschäfte abgeschlossen, wie ich wollte", ist ein guter Anfang, aber der Verlust von Geschäften ist ein Ergebnis, keine Handlung. Um die Misserfolge Ihres Teams besser zu verstehen, sollten Sie genauer beleuchten, welche Aktionen zu dem jeweiligen Ergebnis geführt haben.
Gehen Sie dem vermeintlichen Misserfolg auf den Grund, indem Sie Ihr Vertriebsteam bitten, Ihnen den Hintergrund zu erklären:
„Ich habe es nicht geschafft, Geschäfte abzuschließen, weil ich ..."
„Mühe hatte, das Vertrauen des Käufers zu gewinnen"
„es nicht geschafft habe, die Ansprüche des Käufers wirklich zu erkennen"
„zu viel Zeit damit verbracht habe, großen Geschäften hinterherzujagen, die im Sande verlaufen sind, und dabei kleinere Geschäfte vernachlässigt habe, die viel wahrscheinlicher zum Abschluss gekommen wären"
„mich auf meine eigene Agenda und die Ergebnisse des Vertriebs konzentriert habe und nicht auf die Ziele des Kunden"
„zu lange gebraucht habe, um einen Entscheidungsträger zu erreichen"
Genau wie bei den Erfolgen sollte jeder, der an der Leistungsbeurteilung beteiligt ist, auch bei den Misserfolgen eine Liste zum späteren Nachschlagen führen.
4. Decken Sie alle Bereiche ab
Die Bestandsaufnahme darüber, was gut und was schlecht gelaufen ist, kann Ihnen bereits eine ganze Menge wertvoller Informationen liefern. Weiterführende Fragen geben Ihnen noch mehr Einblick, zum Beispiel:
In welcher Branche waren Ihre größten Erfolge?
In welcher Branche hatten Sie die größten Verluste?
Wie lange hat es gedauert, potenzielle Deals von den Nieten zu trennen?
Wieviel Prozent Ihrer Interessenten verwandelten sich pro Monat in einen Geschäftsabschluss?
Wieviel Prozent liefen ins Leere?
War Ihr Follow-up-Prozess so effizient, wie er hätte sein können?
Die Antworten auf diese Fragen geben Aufschluss über zwei Themenbereiche: Wie gut haben die einzelnen Vertriebsmitarbeiter gearbeitet – und, inwieweit Sie Ihre Vertriebsstrategien optimieren müssen, damit Ihr Team eine bessere Chance hat, Meilensteine und Unternehmensziele zu erreichen.
5. Analysieren Sie die Antworten
Nachdem Sie die Erfolge und Misserfolge des letzten Jahres besprochen haben, ist es an der Zeit, die Antworten aller Mitarbeiter zu analysieren und hierarchisch zu ordnen. Welche Bereiche sind besonders verbesserungsbedürftig? Welche Bereiche sind am wenigsten verbesserungsbedürftig?
Möglicherweise haben satte 95% des Sales-Teams zu viel Zeit darauf verwendet, großen Geschäften hinterherzujagen, während nur 15% der Vertriebler Schwierigkeiten hatten, die wahren Bedürfnisse ihrer Kunden zu erkennen. Vielleicht haben 92% der Käufer mehrere Käufe getätigt, während nur 10% der Vertriebskräfte es geschafft haben, die durchschnittliche Gesprächszeit zu verkürzen.
Nach der Analyse ist Ihnen vermutlich klar, in welche Bereiche Sie Zeit und Energie investieren sollten.
6. Machen Sie aus dem „Was“ ein „Warum“
Wenn die Erfolge und Misserfolge aller Beteiligten analysiert und geordnet sind, kann das Lernen beginnen. Der erste Schritt zur Verbesserung besteht darin, die Grundursache für einen bestimmten Erfolg oder Misserfolg zu ermitteln. Dies kann geschehen, indem Sie das „Was“ in ein „Warum“ verwandeln.
Im Folgenden finden Sie einige Beispiele, wie Sie die Ursachen am besten herausfiltern:
Was? | Warum? |
Mehrere Kunden haben meine Angebote abgelehnt. | Ich habe nicht klar formuliert, was wir liefern können. |
Es fiel mir schwer, das Vertrauen des Käufers zu gewinnen. | Ich hatte falsche Vorstellungen über die Bedürfnisse des potenziellen Käufers. |
Ich habe zu viele Rabatte eingeräumt. | Ich war zu nett zum Käufer und habe gesunde Konflikte vermieden. |
Ich habe es nicht geschafft, eine Verbindung zu Käufern in einer bestimmten Branche herzustellen. | Ich habe meine Botschaften nicht auf diese spezielle Branche zugeschnitten. |
Eine ehrliche Selbsteinschätzung – und das nötige Vertrauen - ist die Voraussetzung für diesen Teil des Jahresgesprächs.
7. Halten Sie die Learnings fest
An diesem Punkt der Überprüfung sollten Sie und Ihr Team auf eine große weiße Tafel blicken, auf der Erfolge, Misserfolge und die Ursachen für diese Erfolge und Misserfolge verzeichnet sind. Um die Learnings deutlich herauszustellen, können Sie einen kleinen rhetorischen Kunstgriff anwenden, der im Folgenden an Beispielen erklärt wird:
Angenommen, 85% Ihrer Vertriebsmitarbeiter hatten Probleme, persönliche Treffen mit Kunden zu arrangieren. Eine der Ursachen war, wie vorher herausgearbeitet, dass es diesen Vertriebskräften nicht gelang, während des ersten Gesprächs ein tieferes Verständnis für die Bedürfnisse des Kunden zu entwickeln. Daraus lässt sich folgende, positiv formulierte Lehre ziehen:
„Indem ich während des ersten Gesprächs ein ganzheitliches Verständnis für die Bedürfnisse des Kunden entwickle, kann ich die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass der Interessent einem persönlichen Treffen zustimmt."
Oder wenn 55% Ihrer Vertriebskräfte ihre täglichen Verkaufsziele durchweg erreichen konnten und einer der Gründe dafür war, dass sich diese Vertriebskräfte auf die Aktivität und nicht auf das Ergebnis konzentrierten, dann haben Sie gelernt:
„Indem ich mich auf die Aktivität und nicht auf das Ergebnis konzentriere, kann ich die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass ich meine täglichen Leistungsziele im Vertrieb konsequent erreiche."
Mit einem CRM wie Pipedrive lassen sich Verkaufsaktivitäten leicht planen und tracken, was das Erreichen der Aktivitätsziele für Ihre Mitarbeitenden vereinfachen kann.
8. Erstellen Sie einen Aktionsplan
Nachdem die Learnings feststehen, sollten Sie jetzt die Maßnahmen festlegen, die zur Verbesserung führen sollen.
Wenn Ihr Team beispielsweise gelernt hat, dass es durch die Entwicklung eines umfassenderen Verständnisses der Kundenbedürfnisse während des ersten Gesprächs eher ein persönliches Treffen hinbekommt, besteht eine Maßnahme darin, aktives Zuhören zu üben.
Planen Sie einen oder mehrere feste Termine dafür ein. Organisieren Sie zum Beispiel Rollenspiele, bei denen ein Vertriebler den Kunden, ein anderer sich selbst spielt. Lassen Sie den Rest des Teams zuschauen und Feedback zum aktiven Zuhören geben. Die Gesprächsanlässe können real oder erfunden sein.
Jahresabschlussgespräch: Reflektieren, realisieren, umgestalten
Wenn Sie eine umfassende Sales-Review durchführen, können Sie und Ihr Sales-Team die Erfahrungen der Vergangenheit nutzen, um die Zukunft zu verbessern. Nutzen Sie die Tipps und Beispiele aus diesem Leitfaden, um Erkenntnisse jenseits des Offensichtlichen zu erlangen. Die Erforschung und Analyse der Ursachen für die Erfolge und Misserfolge Ihres Teams liefern Ihnen klare Hinweise auf Verbesserungspotenziale.
Eine sorgfältig geplante und durchgeführte Leistungsbeurteilung im Vertrieb zeigt aber nicht nur Verbesserungsmöglichkeiten auf. Gleichzeitig schärft sie die Problemlösungs- und Kommunikationsfähigkeiten aller Beteiligten, lehrt konstruktives Feedback und dient als Vorlage für künftige Retrospektiven.
Und ganz wichtig: Jeder sollte aus dem Jahresabschlussgespräch mit einem guten Gefühl und einem besseren Verständnis der Teamziele und KPIs für das kommende Jahr hervorgehen.