Auf welche Vertriebsarten ein Unternehmen setzt, kann erfolgsentscheidend sein.
Laut einer Studie des deutschen Handelsverbands haben vierzig Prozent der Einzelhändler während der Pandemie ihre Vertriebswege digitalisiert, um weiter Umsatz zu machen. Gleichzeitig geraten Unternehmen, die nur an gewohnten Vertriebswegen festhalten und bei der Umsetzung neuer Strategien zögern, zunehmend ins Hintertreffen.
In diesem Überblick werden die wichtigsten Vertriebsarten vorgestellt, um Unternehmen bei der Entscheidung zu unterstützen, welche Strategie am besten zu ihren Zielen passt.
1. Direktvertrieb: Der persönliche Draht zum Kunden
Beim Direktvertrieb verkauft das Unternehmen seine Produkte oder Dienstleistungen ohne Zwischenhändler direkt an den Endkunden. Dies kann entweder durch persönliche Verkäufe, über einen eigenen Onlineshop oder durch firmeninterne Vertriebsmitarbeiter geschehen. Ein bekanntes Beispiel für den Direktvertrieb ist der Tür-zu-Tür-Verkauf oder Vertriebsmitarbeiter, die direkt vor Ort bei potenziellen Kunden agieren.
Vorteile:
- Hohe Gewinnmargen: Da keine Zwischenhändler beteiligt sind, entfallen zusätzliche Kosten, die bei indirekten Vertriebsmodellen anfallen würden.
- Volle Kontrolle: Unternehmen haben die vollständige Kontrolle über den Verkaufsprozess, die Preissetzung und den Kundenkontakt.
- Direktes Kundenfeedback: Durch den direkten Kontakt erhalten Unternehmen wertvolles Feedback und können ihre Produkte oder Dienstleistungen gezielt verbessern.
Nachteile:
- Hoher Aufwand: Der Aufbau eines eigenen Vertriebsteams oder eines Online-Vertriebs erfordert erhebliche Ressourcen.
- Begrenzte Reichweite: Ohne Partner oder Händler ist es schwieriger, in neue Märkte zu expandieren und große Kundenstämme zu erschließen.
2. Indirekter Vertrieb: Nutzen von Partnernetzwerken
Beim indirekten Vertrieb arbeiten Unternehmen mit Zwischenhändlern, Distributoren oder anderen Partnern zusammen, um ihre Produkte an den Endkunden zu bringen. Dies ist besonders in der Konsumgüterindustrie oder im B2B-Bereich verbreitet, wo große Händlernetzwerke zum Einsatz kommen. Beispiele sind Produkte, die über Einzelhändler, Großhändler oder Plattformen wie Amazon verkauft werden.
Vorteile:
- Größere Reichweite: Unternehmen profitieren von den bestehenden Netzwerken ihrer Partner, was zu einer schnelleren Marktpräsenz führen kann.
- Weniger Aufwand: Da Partner den Großteil des Vertriebs übernehmen, können Unternehmen ihre Ressourcen auf andere Bereiche wie Produktion und Marketing konzentrieren.
- Schneller Markteintritt: Besonders bei der Expansion in neue geografische Regionen oder Märkte kann der indirekte Vertrieb eine schnellere Lösung sein.
Nachteile:
- Geringere Kontrolle: Unternehmen geben einen Teil der Kontrolle über den Verkaufsprozess und die Kundenbeziehung ab.
- Geringere Gewinnmargen: Zwischenhändler verlangen in der Regel eine Provision oder kaufen Produkte zu Großhandelspreisen, was die Gewinnmargen senkt.
- Abhängigkeit von Partnern: Wenn Partner nicht erfolgreich verkaufen, kann dies den Vertrieb des Unternehmens erheblich beeinträchtigen.
3. Filialvertrieb: Die stationäre Präsenz
Beim Filialvertrieb setzt das Unternehmen auf physische Geschäfte oder Verkaufsstellen, in denen Produkte oder Dienstleistungen direkt angeboten werden. Dieser Vertriebsweg ist weit verbreitet im Einzelhandel, in Banken, in der Gastronomie oder in Dienstleistungsbranchen wie Fitnessstudios.
Vorteile:
- Direkte Kundenansprache: Der persönliche Kontakt in einer Filiale ermöglicht eine individuelle Kundenbetreuung und fördert das Vertrauen.
- Starke Markenpräsenz: Filialen schaffen eine sichtbare und greifbare Präsenz der Marke vor Ort, was besonders bei lokalen Märkten vorteilhaft ist.
- Hohe Kundenbindung: Kunden, die regelmäßig eine Filiale besuchen, haben oft eine stärkere Bindung zur Marke und sind loyaler.
Nachteile:
- Hohe Betriebskosten: Miete, Personal und Betriebskosten machen den Filialvertrieb teuer, besonders bei mehreren Standorten.
- Begrenzte Reichweite: Filialen sind geografisch beschränkt und erreichen nur Kunden, die sich in der Nähe befinden.
- Investitionen in Standortmanagement: Die Auswahl und Pflege der Filialstandorte sind entscheidend für den Erfolg, was kontinuierliche Investitionen erfordert.
4. Online-Vertrieb: Der digitale Weg
Der Online-Vertrieb hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen, besonders durch die rasante Entwicklung des E-Commerce. Unternehmen verkaufen ihre Produkte oder Dienstleistungen über ihre eigene Webseite, Online-Marktplätze oder spezialisierte Plattformen wie Amazon, eBay oder Etsy.
Vorteile:
- Globale Reichweite: Online-Vertrieb ermöglicht es Unternehmen, ihre Produkte weltweit anzubieten, unabhängig von geografischen Beschränkungen.
- Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit: Online-Shops sind 24/7 verfügbar, was den Kunden flexiblere Einkaufsmöglichkeiten bietet.
- Geringere Betriebskosten: Im Vergleich zu physischen Läden entfallen viele Fixkosten wie Miete oder Personal, was die Gewinnmargen steigern kann.
Nachteile:
- Hohe Konkurrenz: Im Online-Bereich gibt es oft einen starken Wettbewerb, was es schwierig macht, sich abzuheben.
- Technische Herausforderungen: Der Aufbau und die Pflege eines erfolgreichen Onlineshops erfordern technisches Know-how und kontinuierliche Investitionen in IT und Marketing.
- Vertrauen und Kundenbindung: Ohne den persönlichen Kontakt kann es schwieriger sein, das Vertrauen der Kunden zu gewinnen und langfristige Beziehungen aufzubauen.
5. Multichannel-Vertrieb: Der hybride Ansatz
Beim Multichannel-Vertrieb nutzen Unternehmen mehrere Vertriebskanäle parallel, um unterschiedliche Kundengruppen zu erreichen. Beispielsweise können Produkte sowohl über den eigenen Onlineshop, als auch über Einzelhändler oder Marktplätze angeboten werden. Dieser Ansatz kombiniert die Vorteile verschiedener Vertriebsarten und ermöglicht eine breitere Marktabdeckung.
Vorteile:
- Flexibilität und Reichweite: Durch die Kombination verschiedener Kanäle erreichen Unternehmen eine größere Bandbreite an Kunden.
- Risikominimierung: Wenn ein Vertriebskanal schwächelt, kann dies durch andere Kanäle ausgeglichen werden.
- Bessere Kundenansprache: Verschiedene Kanäle ermöglichen es Unternehmen, die Präferenzen unterschiedlicher Zielgruppen zu berücksichtigen und maßgeschneiderte Angebote zu machen.
Nachteile:
- Komplexität: Die Verwaltung mehrerer Vertriebskanäle erfordert eine sorgfältige Koordination, um Konflikte zwischen den Kanälen zu vermeiden.
- Kostenintensiv: Der Aufbau und die Pflege mehrerer Kanäle können hohe Investitionen erfordern, sowohl in Technologie als auch in Marketing.
6. Strukturvertrieb: Aufbau von Vertriebsnetzwerken
Der Strukturvertrieb, auch bekannt als Multilevel Marketing (MLM), ist ein Vertriebsmodell, bei dem Verkäufer neue Verkäufer rekrutieren und deren Verkaufsaktivitäten mitverdienen. Dieses Modell wird häufig in Branchen wie Kosmetik, Wellness und Haushaltswaren eingesetzt.
Vorteile:
- Hohe Skalierbarkeit: Das Netzwerk wächst durch die Rekrutierung neuer Verkäufer exponentiell, was eine schnelle Marktdurchdringung ermöglicht.
- Geringe Anfangsinvestitionen: Vertriebsmitarbeiter arbeiten oft auf Provisionsbasis, sodass Unternehmen nur geringe Fixkosten haben.
- Motivierte Verkäufer: Verkäufer sind oft hochmotiviert, da sie nicht nur an eigenen Verkäufen, sondern auch an denen ihrer Teammitglieder verdienen.
Nachteile:
- Vertrauensprobleme: Strukturvertriebe werden oft kritisch betrachtet, da sie manchmal als unseriös oder pyramidenartig wahrgenommen werden.
- Hohe Fluktuation: Viele Verkäufer sind kurzfristig aktiv und verlassen das Netzwerk wieder, was die Stabilität des Vertriebs erschweren kann.
- Qualitätskontrolle: Die Kontrolle der Qualität und der Verkaufsmethoden im Strukturvertrieb ist aufgrund der Vielzahl an Beteiligten schwierig.
7. Franchise: Der Vertriebsweg für skalierbare Geschäftsmodelle
Das Franchise-Modell ist eine spezielle Form des indirekten Vertriebs, bei dem ein Unternehmen (der Franchisegeber) unabhängigen Partnern (Franchisenehmern) die Rechte zur Nutzung seiner Marke, Produkte und Geschäftsprozesse verkauft. Bekannte Beispiele sind McDonald’s oder Subway, die ihre Produkte über lokale Franchisebetriebe vertreiben.
Vorteile:
- Schnelle Skalierung: Durch die Einbindung von Franchisepartnern können Unternehmen schnell expandieren, ohne selbst hohe Investitionen zu tätigen.
- Starke Markenpräsenz: Franchisesysteme ermöglichen eine starke und einheitliche Markenpräsenz in verschiedenen Regionen.
- Geringeres Risiko: Da Franchisenehmer ihre eigenen Mittel einsetzen, reduziert das Franchise-Modell das finanzielle Risiko für den Franchisegeber.
Nachteile:
- Geringe Kontrolle: Obwohl die Marke zentral gesteuert wird, ist das Tagesgeschäft der Franchisenehmer oft schwer zu kontrollieren.
- Abhängigkeit: Der Erfolg des Franchisegebers hängt stark von der Leistung der Franchisenehmer ab, was zu Unsicherheiten führen kann.
Fazit: Die richtige Vertriebsart für Ihr Unternehmen wählen
Die Wahl der optimalen Vertriebswege hängt stark von den individuellen Zielen, Ressourcen und der Zielgruppe eines Unternehmens ab.
Während der Direktvertrieb vor allem für Unternehmen mit starkem Kundenfokus und einem klaren Produktportfolio geeignet ist, bietet der indirekte Vertrieb große Chancen für eine schnelle Marktdurchdringung. Der Online-Vertrieb gewinnt weiterhin an Bedeutung, besonders in Zeiten der Digitalisierung, während der Multichannel-Ansatz die Vorteile mehrerer Kanäle vereint. Franchise-Systeme eignen sich besonders für skalierbare Geschäftsmodelle mit einer starken Marke, während der Strukturvertrieb eine interessante Option für Unternehmen ist, die auf ein breites Vertriebsnetz setzen möchten.
Unternehmen sollten regelmäßig ihre Vertriebsstrategie überprüfen und an die sich verändernden Marktbedingungen anpassen. Denn nur mit dem passenden Vertriebsweg kann langfristiger Erfolg gewährleistet werden.