Die Idee einer Vier-Tage-Woche begeistert viele: Weniger Arbeitstage bei gleichbleibendem Gehalt und mehr Zeit für Familie, Hobbys und Erholung. Doch was steckt hinter diesem Modell, und wie lässt es sich umsetzen?
In diesem Artikel sehen wir uns die Vier-Stunden-Woche näher an, zeigen ihre Vor- und Nachteile und werfen einen Blick auf erste Erfahrungen aus Deutschland.
Was ist die Vier-Tage-Woche?
Die Vier-Tage-Woche ist ein Arbeitszeitmodell, bei dem die Arbeitswoche von fünf auf vier Tage verkürzt wird. Ziel ist es, eine bessere Work-Life-Balance zu ermöglichen, die Produktivität zu steigern und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu erhöhen.
Es gibt unterschiedliche Modelle, die Vier-Tage-Woche zu gestalten:
Reduzierung der Arbeitszeit auf 32 Stunden pro Woche (das heißt, vier Acht-Stunden-Arbeitstage): Dieses Modell erfordert in vielen Fällen Anpassungen in der Arbeitsorganisation und eine klare Fokussierung auf Effizienz. Es wird häufig in Unternehmen erprobt, die eine gute Planbarkeit haben und deren Arbeitsprozesse sich verdichten lassen.
Gleiche Arbeitszeit auf vier Tage verteilt (zum Beispiel 40 Stunden in vier Tagen): Diese Variante ist besonders für Berufe geeignet, bei denen längere Schichten möglich sind, wie beispielsweise im Gesundheitswesen oder in der Produktion.
Flexible Vier-Tage-Woche mit variablen Stunden: Bei dieser Variante können Mitarbeitende ihre Stunden flexibel verteilen und teilweise oder vollständig frei entscheiden, wie viele Stunden sie an den vier Arbeitstagen leisten. Oft wird dabei eine Kernarbeitszeit festgelegt, um die Erreichbarkeit sicherzustellen. Dieses Modell ist besonders beliebt bei ortsunabhängigen und aufgabenorientieren Berufen, etwa in der IT- oder Beratungsbranche.
Zwei Wochen-Rhythmus (zwei Arbeitswochen pro Monat mit je vier Tagen): In diesem Modell wird die 4-Tage-Woche abwechselnd eingeführt, sodass Mitarbeitende eine Woche mit vier Arbeitstagen haben, gefolgt von einer Woche mit fünf Arbeitstagen. Die durchschnittliche Arbeitszeit pro Woche bleibt daher nahezu unverändert. Diese Variante eignet sich gut für Unternehmen, die stark auf saisonale Schwankungen reagieren müssen oder wo ein kompletter Umstieg auf eine Vier-Tage-Woche schwierig ist (zum Beispiel in der Produktion oder im Kundenservice).
Vier-Tage-Woche: Pro und Contra
Die Vier-Tage-Woche bringt sowohl für Unternehmen als auch für Mitarbeitende verschiedene Vor- und Nachteile mit sich. Eine Übersicht:
Pro und Contra für Arbeitgeber
Eine Vier-Tage-Woche bietet Arbeitgebern zahlreiche Vorteile, wie unter anderem die Universität Münster erforscht hat. Sie kann zu höherer Produktivität führen und Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung steigern, wodurch die Fluktuation und damit verbundene Rekrutierungskosten gesenkt werden können. Außerdem erhöht die Vier-Tage-Woche die Attraktivität eines Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt.
Ein weiterer Pluspunkt: Weniger Arbeitstage senken Ausgaben für Energie und Verpflegung, was vor allem bei größeren Unternehmen ins Gewicht fällt.
Allerdings müssen Arbeitgeber potenziell auch mit negativen Auswirkungen rechnen. In Branchen, die ständige Präsenz erfordern, könnten zusätzliche Personalkosten entstehen, da mehr Mitarbeitende benötigt werden, um die gleiche Leistung zu erbringen.
Pro und Contra für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
Für die Belegschaft wirken sich die Vorteile der Vier-Tage-Woche positiv auf ihre Lebensqualität aus: Ein zusätzlicher freier Tag pro Woche schafft eine bessere Work-Life-Balance, was das allgemeine Wohlbefinden steigert. Weniger Arbeitszeit verringert Stress und reduziert das Risiko für Burnout, sodass Mitarbeitende ausgeglichener und erholter zur Arbeit erscheinen.
Darüber hinaus führt das Modell oft zu einer erhöhten Arbeitszufriedenheit und stärkeren Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber.
In Modellen, bei denen die Gesamtarbeitszeit gleich bleibt, kann der höhere Arbeitsdruck an einzelnen Tagen allerdings physisch und mental belastend sein. Längere Schichten schränken zudem die Freizeit nach Feierabend ein.
Ein weiterer potenzieller Nachteil ist die Reduktion sozialer Interaktionen. Weniger gemeinsame Zeit im Büro kann die Teamdynamik und die Arbeitskultur beeinträchtigen.
Vier-Tage-Woche: Was gilt in Deutschland?
In Deutschland gibt es keine spezifische gesetzliche Regelung für die Vier-Tage-Woche. Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) bietet jedoch den rechtlichen Rahmen für entsprechende Vereinbarungen. Gemäß § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten, kann jedoch auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Dies ermöglicht es, eine 40-Stunden-Woche auf vier Tage mit jeweils zehn Stunden zu verteilen.
Besondere Regelungen gelten für bestimmte Personengruppen wie Jugendliche, Schwangere und Stillende, deren tägliche Arbeitszeit auf acht bzw. 8,5 Stunden begrenzt ist.
Welche Unternehmen haben die Vier-Tage-Woche in Deutschland schon eingeführt?
Es gibt einige deutsche Unternehmen, die diese Form des flexiblen Arbeitens erproben oder sogar bereits umgesetzt haben. Hier einige Beispiele:
Joytex GmbH in Rhede: Die Textiltaschendruckerei Joytex in Nordrhein-Westfalen hat die Vier-Tage-Woche bereits im Mai 2023 eingeführt. Die Mitarbeitenden arbeiten 36 Stunden an vier Tagen die Woche bei vollem Lohnausgleich. Die Geschäftsführung berichtet von positiven Auswirkungen, insbesondere hinsichtlich der Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeitenden. Die Produktivität blieb stabil und die Mitarbeitenden möchten nicht mehr auf das Modell verzichten.
Schön Klinik in München-Harlaching: In einem Pilotprojekt testet die Fachklinik für Orthopädie das Modell für Pflegekräfte – auf deren Initiative hin. Statt einer herkömmlichen 40-Stunden-Woche an fünf Tagen können sich Angestellte für einen Mix aus 8- und 12-Stunden-Schichten entscheiden . Die Pflegerinnen schätzen, dass sie so mehr Freizeit haben und weniger oft pendeln müssen. Auch für die Patientinnen und Patienten sehen sie Vorteile, da eine Schichtübergabe weniger stattfindet. Für das Modell musste die Klinik eine Sondergenehmigung einholen, da 12-Stunden-Schichten in deutschen Unternehmen eigentlich nicht erlaubt sind.
40 Unternehmen testeten das Modell: Eine Studie der Universität Münster, die im Oktober 2024 veröffentlicht wurde, untersuchte die Auswirkungen der Vier-Tage-Woche in Deutschland. 40 Firmen unterschiedlicher Branchen nahmen teil. Die Auswahl erfolgte allerdings nicht repräsentativ für den gesamten Arbeitsmarkt. Die Ergebnisse zeigen: Viele der teilnehmenden Unternehmen konnten ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern, Umsätze und Gewinne blieben im Durchschnitt stabil, 64 Prozent der teilnehmenden Betriebe wollen das Modell dauerhaft behalten oder weiter testen, 20 Prozent kehren zur traditionellen 40-Stunden-Woche von Montag bis Freitag zurück.
Fazit: Die Vier-Tage-Woche bietet Chancen und Herausforderungen
Die Vier-Tage-Woche lässt sich auf vielerlei Weise umsetzen – je nach den Anforderungen des Unternehmens und den Präferenzen der Mitarbeitenden. Die richtige Variante hängt von einigen Faktoren ab, darunter Branche und Betriebsgröße.
Das Modell bietet sowohl Unternehmen als auch Mitarbeitenden klare Vorteile, kann aber je nach Branche, Unternehmenskultur und Arbeitsorganisation auch Nachteile mit sich bringen. Unternehmen sollten die Umsetzung in jedem Fall sorgfältig planen und ihre Mitarbeitenden einbeziehen, um das passende Arbeitszeitmodell zu finden.