Wachstum ist ein zentraler Faktor für die Gesundheit und den Wert von Unternehmen. Aber nicht um jeden Preis: Ein zu schnelles Wachstum bei mangelnder Konsolidierung kann ein Risikofaktor sein. Hier erfahren Sie, wie Sie abhängig von verschiedenen Faktoren die richtige Wachstumsstrategie für Ihr Unternehmen wählen.
Mit der richtigen Wachstumsstrategie das Unternehmen stark aufstellen
Wachstum kommt nicht ohne Investitionen. Die sollen sich langfristig durch höhere Umsätze rentieren. Doch zunächst kostet eine Wachstumsstrategie Geld. Deshalb gibt es in der Unternehmensführung einen konstanten Zielkonflikt zwischen kurzfristiger Rendite und langfristigem Wachstum.
In der Regel sind Wachstumsziele allerdings fester Bestandteil der strategischen Gesamtausrichtung. Branchenführer arbeiten daran, ihre Stellung zu festigen und ihren Vorsprung weiter auszubauen. Startups wollen möglichst schnell ihr Geschäft skalieren.
Der Bereich, der sich spezifisch mit Wachstumsstrategien auseinandersetzt, ist die Geschäftsfeldentwicklung (Business Development).
Eine starke Wachstumsstrategie kann nicht aus isolierten Einzelmaßnahmen bestehen. Sie ist langfristig ausgerichtet und bezieht alle Faktoren ein, den Unternehmenserfolg beeinflussen, mit ein. Kennzahlen und Informationen aus Produktentwicklung, Marketing, Vertrieb, Finanz- und Rechnungswesen und der Rechtsabteilung müssen Sie zu einem Gesamtbild verbinden. Daraus können Sie die besten Wachstumsstrategien ableiten.
Wachstumsstrategie: Eine Definition
Die Wachstumsstrategie gibt vor, in welche Richtung sich ein Unternehmen entwickeln will, um sein wirtschaftliches Wachstum anzukurbeln. Dazu werden die bestehende Markt- und Produktsituation analysiert und abteilungsübergreifende Handlungen, wie etwa eine teilweise Neuausrichtung von Marketing und Vertrieb, abgeleitet.
Chancen und Risiken: Die Wachstumsstrategie nach Ansoff
Die Produkt-Markt-Matrix von Igor Ansoff unterscheidet vier grundlegende Typen von Wachstumsstrategien. Mit dieser groben Einteilung können Sie zunächst die Optionen abwägen und die generelle Richtung auswählen, in der Sie Wachstum erzeugen wollen.
Quelle: Grafik von https://www.tractionwise.com/magazine/ansoff-matrix-wachstum/
Darauf aufbauend können Sie dann anhand der Einzelfaktoren Ihre konkrete Strategie entwickeln. Welche Strategie das beste Verhältnis von Chancen und Risiken bietet, hängt von vielen internen und externen Faktoren ab:
Branche und Marktentwicklung
Stärke und Bekanntheitsgrad der Marke
Produktportfolio und Innovationskraft
Wettbewerbssituation
Positionierung und USPs
bestehende und mögliche Zielgruppen
Kompetenzen und Fähigkeiten der Mitarbeiter
technische Ausstattung
Qualität von Strukturen, Abläufen und Prozessen
Finanzlage
Eine wichtige Rolle spielen darüber hinaus die Entscheidungen, die Sie im Rahmen Ihrer Vertriebsstrategie festgelegt haben: Insbesondere die Vertriebsarten und die Preisstrategie.
Mit diesen Informationen können Sie für unterschiedliche Szenarien die Chancen und das Risiko bewerten.
Die Marktdurchdringungsstrategie
Das erste Feld der Ansoff-Matrix enthält Wachstumsstrategien, mit denen Sie mehr aktuelle Produkte an neue Kunden auf dem aktuellen Markt verkaufen. Ziel ist die Steigerung Ihres Marktanteils. Diese Strategien erfordern vergleichsweise wenig Aufwand und erzeugen damit nur ein geringes Risiko.
Die Voraussetzung für die Marktdurchdringung ist ungenutztes Potential. Da auch Ihre Wettbewerber solche Strategien umsetzen können, sind sie in den seltensten Fällen offensichtlich verfügbar.
Typisch ist Marktdurchdringung auf einem nicht gesättigten Markt. Freie Marktanteile können solange aufgeteilt werden, bis die Wettbewerber ihn vollständig abgedeckt haben. Ein Beispiel dafür ist das Carsharing in Städten von mittlerer Größe.
Marktdurchdringung auf einem gesättigten Markt bedeutet zwangsläufig, dass Sie Ihren Wettbewerbern Marktanteile abnehmen. Dafür benötigen Sie USPs, die Ihr Angebot überlegen machen, wie zum Beispiel:
Überlegenheit in Funktion oder Design
exklusive Technologien und Patente
vorteilhafter Zugang zu Rohstoffen oder Arbeitskräften für eine preiswertere Produktion
stärkere Markenreputation
Bessere Vertriebskanäle
Besonders interessant sind dabei interne Faktoren, die Sie weiter optimieren können. Denn auf die haben nur Sie Einfluss, nicht aber ihre Konkurrenz. Ein typischer Fall ist die Intensivierung und Optimierung des Vertriebs.
Sie können beispielsweise Ihre Vertriebskanäle und das Marketing optimieren, Vertriebsprozesse digitalisieren und automatisieren und die Datenbestände in einem starken CRM zusammenführen. Damit schöpfen Sie ungenutzte Potentiale aus und stellen sich im Wettbewerb stärker auf. Für Unternehmen, die ihr Vertriebskonzept lange nicht erneuert haben, ist die Investition in einen optimierten Vertrieb oft die zuverlässigste Wachstumsstrategie für die Marktdurchdringung.
Die Marktentwicklungsstrategie
Die Marktentwicklung ist das zweite Feld der Ansoff-Matrix. Dabei machen Sie mit bestehenden Produkten auf neuen Märkten oder bei neuen Zielgruppen zusätzlichen Umsatz. Auch dieser Weg erfordert nur moderaten Aufwand und das Risiko bleibt relativ gering.
Die Marktentwicklung kann regional erfolgen, in neue Gebiete und über Ländergrenzen hinweg. Noch interessanter ist oft die Entwicklung neuer Käufersegmente und Zielgruppen.
Für die regionale Expansion können neue Filialen und damit relativ hohe Investitionen nötig werden. Mit geeigneten Partnern, Großhändlern oder einem Franchise-System können Sie das Risiko senken. Die Marktentwicklung in Gebieten, die sich kulturell stark unterscheiden, kann hohe Rendite versprechen, erhöht aber auch Ihr Risiko.
Relativ risikoarm ist die Ansprache neuer Zielgruppen mit ähnlichen Kundenbedürfnissen. Dafür ist oft lediglich die Neuausrichtung Ihrer Marketingaktivität nötig. So kann ein Anbieter für Sicherheitstechnik neben Kleinunternehmen mit einer Ad-Kampagne auch Familien mit Kindern ansprechen. Ein anderes Beispiel sind Outdoor-Ausrüster wie Jack Wolfskin, The North Face oder Fjällräven, die durch aktive Positionierung vom Spezialisten für Outdoor-Sport weit in den Casual-Bereich gerückt sind.
Die Produktentwicklungsstrategie
Die Entwicklung neuer Produkte schafft zusätzliche Umsatzmöglichkeiten auf dem aktuellen Markt. Produktinnovationen sind aufwendig und kostspielig, doch kein Unternehmen darf sie vernachlässigen, weil sonst die Konkurrenz große Angriffsfläche erhält. Das obige Beispiel der Outdoor-Ausstatter eignet sich erneut. Denn auf die erfolgreiche Neupositionierung mit aktuellen Produkten auf die Gruppe der Gelegenheitssportler folgte die Neuausrichtung der Produktpalette für den Sporty Casual-Bereich.
Innovative Produkte, die Sie an bestehende Kunden verkaufen, können einen neuen Nutzen bieten. Ein Beispiel für eine neue Anwendung, die neue Bedarfe anspricht, ist die Haussteuerung über Smart Home-Systeme. Es kann sich aber auch um neue Varianten bekannter Produkte handeln, wie beim smarten Heizungsthermostat.
Durch eine Ausweitung der Produktpalette können Sie die Cross- und Upselling-Optionen ausbauen. Um zu ermitteln, was Ihre Kunden neben den bisherigen Produkten gern aus einer Hand kaufen, können Sie sich am Sortimentsverbund orientieren. Ein interessantes Beispiel sind B2B-Kaffeekonzepte, bei denen Kaffeemaschinen gemeinsam mit Bohnen und Serviceverträgen vermietet werden.
Neue Produkte müssen nicht zwingend aufwendige Entwicklungsarbeit bedeuten. Schon eine ungewöhnliche Kombination von Produkten und Leistungen kann ein Wettbewerbsvorteil sein. Zum Beispiel kann ein SaaS-Anbieter ein sehr wertvolles Feature schon in einem günstigen Abonnement verfügbar machen und so Kunden gewinnen, die von anderen Lösungen wechseln.
Die Diversifikationsstrategie
Der aufwendigste Weg kombiniert die Entwicklung neuer Produkte mit der Expansion auf einen neuen Markt. Diese Strategien sind besonders riskant, weil die meisten Neuerungen auch Unwägbarkeiten mit sich bringen. Sie bieten aber auch die größten Wachstumschancen.
Als zwar aufwendigen, aber relativ risikoarmen Weg können Sie die Zweitmarke in Erwägung ziehen. Dabei weiten Sie Ihr Geschäft mit einer zusätzlichen Produktrange ober- oder unterhalb auf neue Marktsegmente aus. Durch die konsequent getrennte Ansprache unterschiedlicher Zielgruppen können Sie Kannibalisierung verhindern. Ein bekanntes Beispiel dafür sind die Fluggesellschaften Lufthansa und Eurowings.
Fazit: Das richtige Wachstum mit der richtigen Strategie erreichen
Wachstum ist wichtig, doch es braucht eine gesunde Basis. Die vier Grundtypen der Wachstumsstrategien nach Ansoff bieten verschiedene Ansätze mit unterschiedlichen Chancen und Risiken. Welche Wachstumsstrategie für Ihr Unternehmen am sinnvollsten ist, ermitteln Sie durch die datengetriebene Analyse aller Wettbewerbsfaktoren. Die interne Optimierung von Marketing und Vertrieb sollte dabei immer eine Rolle spielen.